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(veröffentlicht am 22. Dez. 2003 in der Aargauer Zeitung und in der az-Online
Arbeiten im Advent (5) Der Reinacher Bäcker Kurt Schulz freut sich
jedes Jahr neu am Geruch der Gewürze
Peter Siegrist
Die Adventszeit ist für mich immer die schönste Zeit im Jahr»,
äussert Bäckermeister Kurt Schulz jun. Ohne zu zögern. Das Standardsortiment
für Laden und Lieferungen bleibe, sagt Schulz, aber das Zusätzliche mache ihm
Freude. «Die für das Weihnachtsgebäck typischen Gewürze, die speziellen Düfte
in der Backstube beflügeln uns zu besonderen Leistungen.» Kreative Arbeiten
wie das Garnieren von Lebkuchen und Torten liegen Kurt Schulz, hier kann er
seine gestalterischen Fähigkeiten ausleben. Schulz ist überzeugt, dass sich
der Aufwand lohnt, für die Kundschaft, aber letztlich auch für ihn persönlich.
Das Kreative sei halt auch in seinem Beruf mit viel Aufwand und zusätzlicher
Arbeit verbunden: «Was mir Spass macht, braucht viel Zeit.»
Besondere Freude macht dem Computer-Freak Kurt Schulz das
Bedrucken von Lebkuchen. Nebst den traditionellen Lebkuchen mit dem
aufgeklebten Weihnachtsmann samt Tannenbaum und mit Zucker verzierten Rändern,
macht der Bäcker ein ganz modernes Angebot. Mit einem Tintenstrahldrucker,
bedruckt er mit Lebensmittelfarbe die Dekorblätter, die Zuckerfolien, selber.
So ist es heute für die Kunden möglich, ein Lebkuchenherz mit einer
persönlichen Fotografie dar-auf zu bestellen. Verschiedene Firmen und Vereine
hätten schon von dem Angebot Gebrauch gemacht, Lebkuchen mit dem aufgedruckten
Firmenlogo zu verschenken. Im digitalen Zeitalter können die Kunden an die
Bäckerei Schulz ein Bild per Internet übermitteln und den passenden Lebkuchen
online bestellen. Die virtuelle Bäckerei sei mit dem Aufschalten der eigenen
Homepage bei ihm Wirklichkeit geworden, sagt Kurt Schulz.
Während der Adventszeit steigt nicht nur der Bedarf an Mehl in der Backstube - rund fünf Tonnen im Monat Dezember - auch die Arbeitszeit nimmt gewaltig zu. «Zwischen ein Uhr in der Früh bis um sechs Uhr produzieren wir Brot und das übrige Sortiment für unseren Laden und die Lieferungen an auswärtige Läden und das Gastgewerbe», erklärt Schulz. Anschliessend werden die zusätzlichen Backwaren und Spezialitäten vorbereitet. Die Adventszeit sei auch vielerorts die Zeit, wo Firmen Apéros und Weihnachtsessen durchführten, und da dürfe er an verschiedene Orte Produkte aus seiner Backstube liefern. Arbeitszeiten von über zwölf Stunden täglich gehörten jetzt einfach dazu, meint Schulz. In der Backstube arbeiten zwei Lehrlinge mit und Vater Kurt Schulz senior zieht sich gegenwärtig auch wieder vermehrt die weisse Bluse über. «Ich arbeite gern in meinem Beruf», äussert Schulz junior glaubhaft. Seine vielfältige und selbstständige Arbeit sowie der Kontakt mit der Kundschaft gefallen ihm. Den Laden betreuen seine Mutter Beatrice Schulz und seine Ehefrau Jeannette mit zwei Teilzeitangestellten. Viele Bäckereien führen in der Adventszeit zusätzliche Spezialitäten im Sortiment. Von Schulz senior hat der junge Patron das Rezept für die Dresdener Christstollen übernommen. Der Senior stammt ursprünglich aus der bekannten Elbestadt und hat schon vor Jahren dieses Gebäck in seiner neuen Heimat im Wynental lanciert. Viel Handarbeit für alle Beteiligten in Backstube und Laden gibt es beim Produzieren des Weihnachtsgebäcks und des gemischten Konfekts. Beides verschicken die Bäckersleute auf Bestellung überall hin. Es ist ein weiter Weg vom Mailänderliteig bis zur fertigen Geschenkbox mit den sorgfältig und assortiert aufgeschichteten Guetzli.
Gerade in der Adventszeit sei er als Chef gefordert, sagt
Schulz, wenn es darum gehe, auch die Lehrlinge zu Sonderleistungen zu
motivieren. Ebenso wichtig ist allen Familienmitgliedern, dass sowohl Laden
und Schaufenster schön dekoriert sind, dass alle Mitarbeiter auch unter
erhöhter Belastung die Kunden stets freundlich und zuvorkommend bedienen.
Vom frühen Morgen bis am Abend inmitten von süssen Sachen, isst
Bäckermeister Kurt Schulz überhaupt noch Konfekt? «Alles, aber nur nichts
Süsses», lacht Schulz, davon habe er nur schon vom Versuchen in der Backstube
mehr als genug. Er ziehe eher ein Sandwich oder einen Wurstsalat vor.
Ähnliches beobachte er auch bei seinen Lehrlingen. Zu Beginn der Lehre greife
jeder noch gern einmal zu und picke sich etwas Feines aus dem Gestell, «aber
das legt sich jeweils ziemlich schnell».
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